Auswahlkriterien für Desinfektionsmittel


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Die Wahl des richtigen Desinfektionsmittels ist gar nicht so einfach. Der Markt ist voll mit einer Vielzahl von Produkten. Wie aber sind die Güteklassen, Wirkungsgrade und Einwirkzeiten zu verstehen und bei der Wahl zu berücksichtigen? Die Preisspanne ist groß, und für manche stellt sich die Frage: "Wo erwerbe ich denn nun das richtige Produkt? Kann ich es nicht einfach im Supermarkt um die Ecke schnell noch am Abend kaufen?"

Ich werde versuchen, in die verschiedenen Informationen Klarheit zu bringen. Denn sowohl in der Podologie als auch in der Fußpflege bedeutet die korrekte Verwendung geeigneter Desinfektionsmittel in erster Linie Schutz für unsere Kunden und uns selbst.

 

Listung durch VAH oder RKI

Wir unterscheiden Desinfektionsmittel für die Flächendesinfektion, Hautdesinfektion, Händedesinfektion, Wäschedesinfektion und Instrumentendesinfektion. Alle Desinfektionsmittel, die wir für diese Bereiche verwenden, müssen ein Medizinprodukt sein und auf der Liste des Verbandes für angewandte Hygiene (VAH-Liste) stehen oder beim Robert Koch Institut gelistet sein.

 

Mittelwahl nach Güteklassen und Oberfläche

Gemäß der Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und - verfahren (Stand: 31. Oktober 2017) ist bei der Anwendung der dort aufgeführten Mittel und Verfahren stets das jeweilige mikrobiologische Wirkungsspektrum zu berücksichtigen. Gelistete Desinfektionsmittel werden daher in entsprechende, mit Buchstaben gekennzeichnete Güteklassen von A bis D eingeteilt. Diese stehen – jedoch leider nicht immer sofort erkennbar – auf dem Etikett.

Bei der Mittelwahl muss nach der zu desinfizierenden Oberfläche differenziert werden. Für Jede Oberfläche, egal ob Haut, Instrument, Polster des Behandlungsstuhls, Handlauf aus Metall, Fußboden gefliest oder Vinyl, müssen die Desinfektionsmethode, das Übertragungsvehikel (Tuch, Wischmopp, Vliestuch, Tauchverfahren bei den Instrumenten, usw.) sowie das richtige Desinfektionsmittel und dessen richtige Anwendung gewählt werden. Nur so kann die Desinfektion vollkommen wirksam werden. Denn die Wirkung der chemischen Mittel kann je nach Materialbeschaffenheit der Oberfläche und Art der Aufbringung variieren, und als Folge davon verändert sich die Wirksamkeit auf die zu inaktivierenden Mikroorganismen.

Entscheidend hierbei ist, dass wir als Fußprofis in der Podologie und Fußpflege den benötigten Wirkungsgrad selbst definieren. Wir entscheiden für jede einzelne Oberfläche auf Basis unserer Risikobewertung, ob wir eine leveruzide (hefepilzabtötend), fungizide, bakterizide, begrenzt viruzide (wirksam gegen behüllte Viren, z.B. HBV, HCV, Influenza), begrenzt viruzide PLUS (wirksam gegen behüllte Viren plus bestimmte unbehüllte Viren, z.B. Adeno-, Noro-, Rotaviren) oder eine viruzide Wirkung (wirksam gegen behüllte und unbehüllte Viren, z.B. Humane Papillomaviren = Warzenvirus) benötigen.

Folgende Einteilung dient zur Orientierung:

  • Für die Händedesinfektion: begrenzt viruzid, begrenzt viruzid PLUS, viruzid
  • Für die Flächendesinfektion: begrenzt viruzid, begrenzt viruzid PLUS, viruzid
  • Für die Instrumentendesinfektion: begrenzt viruzid, viruzid
  • Für die Wäschedesinfektion: viruzid

Bei der Flächendesinfektion wird unterschieden, ob die Mittel mit oder ohne Mechanik zur Anwendung kommen. Vorsicht! Das falsche Material des Wischmopps als Übertragungsmittel kann unter Umständen die desinfizierende Wirkung aufheben, indem es das Mittel schlichtweg absorbiert. Daher ist es besonders wichtig die Herstellerangaben zu berücksichtigen.

Bei der Händedesinfektion betrachten wir nicht nur die Unterbrechung der Infektionskette, um den Patienten zu schützen, sondern auch den persönlichen Schutz. Unsere Hände schützen wir zusätzlich mit Handschuhen. Auch die Art des Handschuhs beeinflusst allerdings das Spektrum und die Dauer der Desinfektionswirkung. So sind beispielsweise nicht alle Handschuhe auch virendicht.

 

Risikobewertung für Oberflächen als Entscheidungsbasis

Die unterschiedlichen Güteklassen (Wirkungsgrade) der Desinfektionsmittel, vor allem aber deren Abhängigkeit von der zu desinfizierenden Oberfläche machen es notwendig, vor dem Kauf entsprechender Präparate immer eine Risikobewertung aller Oberflächen zu erstellen, auf welchen wir das Desinfektionsmittel anwenden möchten. Dazu gehören die zu erwartende Art und Menge der mikrobiellen Belastung und die Materialbeschaffenheit der Oberfläche.

Bei sichtbarer Verunreinigung wird zudem vorab eine Reinigung durchgeführt. Somit muss das Desinfektionsmittel auch zum Reinigungsmittel passen. Als Entscheidungshilfe hat das RKI eine Liste erstellt. Unabhängig davon ist schließlich die richtige Dosierung, sorgsame Durchführung sowie Einhaltung der Einwirkzeit gemäß Herstellerangabe für den Erfolg entscheidend. Entsprechende Hinweise dazu sind auf dem Desinfektionsplan, der in der Praxis aushängt, zu vermerken.

 

Unsere Autorin

MR-2

Annette van Waveren
Podologin und Dozentin für Hygiene, Hygieneberatung für Podologen
Fachkunde II DGSV Sterilgutassistentin, Bc of Sports Facilities Management and Operation