Hausaufgaben - Tipps für mehr Selbstwirksamkeit

Hausaufgaben - Tipps für mehr Selbstwirksamkeit


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Bild: LIGHTFIELD STUDIOS | stock.adobe.com

Zugegeben – wenn man das Wort „Hausaufgaben“ hört, denkt man an Schule und anstrengende Eigenarbeit. Die Mitarbeit zuhause ist aber ein wesentlicher Bestandteil der podologischen Therapie: Ohne sie kann das Verbesserungspotential nicht ausgeschöpft werden. Wie gelingt es, Patientinnen und Patienten auf eine positive, motivierende Art einzubinden, ohne belehrend zu sein oder frustriert aufzugeben?

 

Verständnis hilft

Für uns liegt es auf der Hand, dass die Podologie in den kurzen Stippvisiten im 4- bis 6-Wochen-Rhythmus die Fußprobleme nicht allein lösen kann. Wir wissen in der Regel auch genau, was Betroffene zuhause tun sollen. Aus Patientenperspektive sind die Aufgaben, die „plötzlich“ übernommen werden müssen, ganz schön zahlreich: Neben dem Dauerbrenner Hautpflege, vielleicht sogar mehrfach am Tag, ist der Schuhinnenraum vor jedem Tragen auszutasten, unpassende Schuhe sollen aussortiert und entsorgt werden. Dazu ausreichend warme (oder luftige) Fußbekleidung tragen oder sogar Kompressionsstrümpfe, man soll sich bewegen und Gymnastik machen, Sauberkeit, Pflege und Achtsamkeit, und, und, und.

Das wird schnell anstrengend und überfordernd. Die Patientenperspektive einzunehmen, ist ein erster wichtiger Schritt zu einer verständnisvollen Haltung. Das Verständnis hilft auch dabei, als Podologin nicht frustriert zu sein, wenn die Therapie „torpediert“ wird, weil große Aufgaben innere Widerstände bei Patientinnen und Patienten auslösen.

 

Motivation statt Information

Bei Studien zu eigenem gesundheitsförderndem oder -schädigendem Verhalten bei DFS-Patienten wurde bestätigt, dass vor allem ein Faktor zu einer großen Therapieadhärenz führt: die Motivation.

In besagter Studie1 waren alle Patienten sehr gut informiert und wussten über ihre Krankheit und Bewältigungsstrategien Bescheid. Information allein wirkte aber noch nicht motivierend, und führte nur bei manchen Personen zu einem nachhaltigen Pflegeverhalten. Eine hohe Motivation und ein gewissenhaftes Pflegeverhalten hatten Personen, wenn

  • sie bereits Komplikationen erlebt hatten (Angst als Motivator),
  • sie erlebt hatten, dass die Therapie etwas bringt (Erfolg als Motivator) und
  • weil sie motivierend begleitet wurden (Coaching statt Belehrung, Unterstützung von Bezugspersonen, wertschätzende Kommunikation, Feiern von Erfolgen, Hürden und Rückschläge als Teil des Prozesses akzeptieren).

Wie können wir diese Punkte in unsere Beratung integrieren?

 

Machbarkeit und Attraktivität

Eine Aufgabe kann nur gut erledigt werden, wenn sie lösbar ist. Zu große oder komplizierte Aufgaben können leicht überfordern und demotivieren. Aufgaben werden vor allem dann in Angriff genommen, wenn das Ergebnis einen einleuchtenden bzw. spürbaren Mehrwert hat. Die (Haus-)Aufgabe muss also zum Problem passen, machbar sein und im besten Fall Erfolgserlebnisse bescheren.

  • Kleine Aufgaben, die sich gut an andere Alltagsaktivitäten andocken lassen, eignen sich für regelmäßige Handlungen (Eincremen, Inspektion, Schuhkontrolle). Angenehme Pflege, die gut wirkt und gerne genutzt wird (Duft, Hautgefühl, Effekt), unterstützt Pflegemuffel. Vorher-Nachher-Bilder können ebenfalls motivieren.
  • Lieber eine konkrete Anweisung als vage Empfehlungen: Eine passgenaue Gymnastikübung 5 Minuten mit einem Timer zu tracken ist konkret und nachvollziehbarer als „Fußgymnastik machen“. Beim nächsten Termin regt eine offene Frage („Wie sind Sie zurechtgekommen?“) zum Gespräch an und dient als Wiederaufnahme für das Gesundheitsziel.
  • Zuhören als Schlüssel: Wer sich für die Zeit zwischen den Fußbehandlungen interessiert, vermittelt ganz automatisch, wie wichtig die „Hausaufgabe“ ist, und hat Vertrauen in die Verantwortungsübernahme und Eigenkompetenz der Patientinnen und Patienten.
  • Treten Hürden auf, werden diese als Rückschläge akzeptiert und ebenfalls anerkannt. Im Anschluss wird gemeinsam die weitere Strategie überlegt (Einbindung und Coaching statt Belehrung oder Schuldzuweisung).
  • Eine wertschätzende Kommunikation mit interessiertem Fragen und viel Zuhören wirkt motivierend. Der Perspektivwechsel von der Frage „Wer ist schuld?“ hin zu „Was ist schuld?“ hilft, Konflikte zu vermeiden, und stellt die Füße in den Vordergrund.
  • Lob und Anerkennung der Erfolge und Dankbarkeit für das Erreichte gehören selbstverständlich auch zur motivierenden Kommunikation dazu und wirken als positive Verstärker.

 

Zusammenfassung

Eine gute Mitarbeit zuhause ist wichtig, das ist allen Beteiligten in der Regel klar. Unsere Aufgabe ist es, Patientinnen und Patienten so Fuß-kompetent wie möglich zu machen, was sich leichter anhört, als es ist. Ein entscheidender Faktor für die Übernahme von guten, gesundheitsfördernden Verhaltensweisen ist die Motivation, die wir in Patientinnen auslösen – oder eben nicht. Dabei helfen zwei ineinandergreifende Aspekte:

  • eher kleine und konkrete Aufgaben, die machbar sind und im besten Fall Erfolgserlebnisse bescheren,
  • ein wertschätzender Kommunikationsstil, der ehrliches Interesse am Patienten zeigt und mit Rückfragen immer wieder die Ziele fokussiert.

Wenn darüber hinaus auch ein Bezug zu eigenem Erleben des Patienten vorhanden ist (worauf wir keinen Einfluss haben), ist der Erfolg in der Regel garantiert.

 

Quelle

1Hill A, Ellis M, Gillison F. Qualitative exploration of patient and healthcare professional perspectives on barriers and facilitators to foot self-care behaviors in diabetes. BMJ Open Diabetes Res Care. 2022 Nov 14;10(6):e003034. doi: 10.1136/bmjdrc-2022-003034

 

Unsere Autorin

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Anja Stoffel 
Physiotherapeutin und Podologin B.Sc. und sek. HP 
Fachdozentin und Praxisanleiterin für Berufe im Gesundheitswesen, Karlstein 
www.podovision.de
Kopfsachen für Fußmenschen

 

GEHWOL Service für Ihre Beratung

Menschen mit Diabetes zur Fußpflege zu motivieren, ist eine besondere Herausforderung. Mangelnde Adhärenz kann die Entwicklung initialer Auffälligkeiten wie Hauttrockenheit oder Hyperkeratose über das diabetische Fußsyndrom bis hin zu schwerwiegenden diabetischen Fußläsionen begünstigen. Andererseits haben Patienten aber auch klare Vorstellungen, wie Podologen sie bei der Entwicklung einer eigenen Fußpflegekompetenz hilfreich unterstützen können. Das zeigen die Ergebnisse des aktuellen GEHWOL Diabetes-Reports, der Ihnen hier kostenfrei als Download zur Verfügung steht.