Knifflige Stellen: Hornhaut im Nagelfalz und am Hyponychium

Knifflige Stellen: Hornhaut im Nagelfalz und am Hyponychium


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Bilder: okskukuruza; Vagengeim; Svitlana | stock.adobe.com

Das Sohlenhorn (Hyponychium) liegt im Normalfall verborgen unter dem freien Nagelrand, und dichtet das Nagelbett gegen den herausgewachsenen Nagel ab. Es ist das Gegenstück zur Cuticula: Beide bilden Abdichtungslippen am proximalen und distalen Nagelrand. Sie verhindern, dass Krankheitserreger in die Matrix oder – im Fall des Hyponychiums – ins Nagelbett eindringen. Das erfordert von beiden Häutchen Elastizität, um das Längenwachstum des Nagels ohne Einreißen mitzumachen, ohne einzureißen, aber gleichzeitig gutes, dichtes Anhaften, um den Schutz zu gewährleisten.

Am seitlichen Nagelrand gibt es kein solches Häutchen. Der Nagelfalz bildet eine mehr oder weniger tiefe Rinne, in der die Nagelränder liegen. Seitlich umgibt das Weichteilgewebe oder Perionychium der Zehenkuppe den Nagel. Je nach funktioneller Anatomie liegen die Nagelkanten sehr tief im Falz, manchmal auch eingerollt unter dem Nagelwall verborgen, oder ganz oberflächlich, flach und frei sichtbar. Beim Sondieren ist Fingerspitzengefühl wichtig: Mit bloßem Auge ist nicht erkennbar, wie fest die Nagelränder mit dem Weichteilgewebe verwachsen sind und wie „frei“ und tief der Excavator unter den Nagelrand geführt werden kann. Grobes Kratzen im Nagelfalz verursacht Verletzungen und Entzündung, weshalb die Hornhautbearbeitung eine gute Dosierung braucht, um keine „Verschlimmbesserung“ auszulösen.

 

Hornhautbehandlungen am Nagel

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Veränderungen am Hyponychium

Bei manchen Menschen kommt es zu einer Hypertrophie (übermäßige Vergrößerung) des Hyponychiums, sodass das Häutchen wie eine Lippe mit dem freien Nagelrand mittig nach vorne ragt, was beim Nagelschnitt zu blutigen Unfällen führt. Häufig sind nur einzelne Nägel betroffen und eher ältere als jüngere Personen. Hier hilft nur Feilen bzw. dosiertes maschinelles Nagelkürzen – so lang oder kurz, wie es verletzungsfrei geht. Manuelles Zurückschieben ist i.d.R. nicht möglich.

Hypertrophierte Nagelbett-Papillen, die als kleine Fädchen oder lockere Keratose vorne unter dem meist gewölbten Nagel herausragen, werden als Pachyonychie bezeichnet. Sie tritt als angeborene Fehlbildung auf oder als erworbene Veränderung bei Rollnägeln durch Druckveränderung am Nagelbett. Die lockere Verhornung kann aufgeweicht und sanft abgetragen werden (Abziehen mit dem Excavator), während Fräsen eher zu einer Verhärtung und stärkeren Bildung führt. Nagelkorrektur kann bei Rollnägeln zu einem Zurückweichen des Sohlenhorns führen, weil die biomechanischen Bedingungen verändert werden.

 

Onychophosis

Onychophosis bezeichnet die keilförmige, kerzenwachsartige Verhornung im Nagelfalz vor allem an der großen Zehe. Typisch ist ein tiefer Nagelfalz, in dem die Hornhaut wie ein Stück am freien Nagelrand liegt, im Grunde eine selbstgebaute Schutzschicht für den Nagelfalz (das gleiche Prinzip wie eine Tamponade). Wird sie entfernt, kommt sie nach kurzer Zeit genauso wieder. Eine Onychophosis kann Beschwerden (Schmerzen, Druckempfindlichkeit) verursachen, aber auch vollkommen problemlos sein.

Die Behandlung besteht aus der normalen Keratose-Behandlung: Ursachen verändern (enge Schuhe entsorgen), Hautpflege (z. B. GEHWOL MED Nagelweicher Tinktur, GEHWOL MED Fluid, GEHWOL MED Nagel- und Hautschutz Creme) für mehr Geschmeidigkeit und Elastizität und sehr dosiertem Abtragen  wenn überhaupt. Gerade bei Onychophosis führt das wiederholte, tiefe Ausschälen oder Fräsen mit einem Fissurenfräser eher zu einem Verstärkungseffekt und Verhärtung. Obendrein lenkt die „aggressive“ Behandlung die Aufmerksamkeit von Betroffenen und verstärkt deren Problemwahrnehmung, was in einen Teufelskreis aus Entfernen, zunehmender Verhärtung und Druckbeschwerden münden kann. Was war zuerst da: ein wirkliches Problem durch „pathologische“ Keratose im Nagelfalz, oder ist die Keratose eine physiologische, körpereigene Schutzmaßnahme, die erst durch die Manipulation Probleme verursacht?

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Bei Onychophosis ist die Herausforderung, ohne Risiko herauszufinden, was und wie viel an Behandlung im Falz dem Fuß wirklich guttut  schließlich sollen keine Schmerzen provoziert werden. Indem man das Problem „ausschleicht“, also von Behandlung zu Behandlung etwas weniger Hornhaut abnimmt und gleichzeitig weichmachende Pflege für den Nagelwall verwenden lässt, kommt der Nagelfalz langsam wieder in ein physiologisches Gleichgewicht und die Druckbeschwerden lassen in der Regel nach. Die Hornschicht wird wieder weich und elastisch.

 

Clavi im Nagelfalz

Hühneraugen im Falz entstehen nicht von allein, sondern sind eine Reaktion der Haut auf Belastung. In diesem Fall verursachen Nagelvorsprünge oder -Ecken im Falzgewebe oder unter eingerollten Nagelecken punktuellen Druck und führen zur Hornhaut. Die Behandlung liegt, nach dem Entfernen, in der Prophylaxe bzw. Ursachenvermeidung. Damit der Nagel nicht mehr reibt, kann zum einen die Form verändert (Länge, anderer Schnitt, weniger gerollt) und zusätzlich mit einer Tamponade scharfe Kanten oder Spitzen abmildert werden. Obendrein ist Tamponade wunderbar geeignet, um weichmachende Tinkturen einzutropfen, z. B. Nagelöl (z. B. GEHWOL MED Nagelweicher oder GEHWOL MED Nagel- und Hautschutz Öl) oder Nagelweicher. Und sie wirkt als Pflegedepot  wie eine Art Tuch-Maske für Nagel und Falz. So wird das Aushärten und schmerzhafte Drücken von Keratose verhindert, selbst wenn der Auslöser nicht ganz vermieden werden kann.

 

Fazit

Veränderungen rund um den Nagel erfordern viel Fingerspitzengefühl: Die Bearbeitung muss fein dosiert werden, denn es besteht die Gefahr, dass bei zu mutigem Instrumenteneinsatz am empfindlichen Gewebe eine Verletzung, Entzündung oder vermehrte Folgekeratose entsteht. Ergänzend zur Behandlung beim Fuß-Profi ist weichmachende Pflege immer hilfreich, um Druck und Schmerzen durch unelastische Keratose an den Zehen zu verringern und gleichzeitig die Barrierefunktion der nagelumgebenden Häutchen zu stärken. Nagelweicher und Fluid helfen, feste Nagelplatten elastisch zu pflegen, während Nagelcreme Keratosen im Falz weicher macht und Öl die Haut geschmeidig hält und die Nageloberfläche glättet und schützt.

 

Unsere Autorin

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Anja Stoffel 
Physiotherapeutin und Podologin B.Sc. und sek. HP 
Fachdozentin und Praxisanleiterin für Berufe im Gesundheitswesen, Karlstein 
www.podovision.de
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