Der Einkauf von Hygieneartikeln und Medizinprodukten gehört zum Alltag in therapeutischen Praxen. Doch gerade hier können Fehler weitreichende Folgen haben – von unnötigen Mehrkosten bis hin zu rechtlichen Konsequenzen im Rahmen der Betreiberverantwortung. Wer verantwortlich einkaufen will, sollte einige grundlegende Punkte beachten.
1. Medizinprodukt oder nicht?
Für medizinische Zwecke dürfen in der Podologie grundsätzlich nur Medizinprodukte eingesetzt werden. Eine Verwendung kosmetischer Instrumente ist ein Verstoß gegen die Pflicht des Betreibers, die Sicherheit von Patienten und Mitarbeitern zu gewährleisten und stellt im Schadensfall eine Straftat dar.1 Außerdem hat der Betreiber bei Schäden durch Produktmängel keinerlei Anspruch auf Haftung durch den Hersteller.2
Was tun?
- Prüfen, ob es sich um ein Medizinprodukt gemäß MDR – VO (EU) 2017/745 oder MDD – RL (EU) 93/42/EWG (Produkte vor 2022) handelt.
- Auf die CE-Kennzeichnung achten: Jedes Medizinprodukt und/oder seine Verpackung muss eine CE-Kennzeichnung tragen. Die medizinische Verwendung nicht CE-gekennzeichneter Instrumente kann mit hohen Gelstrafen bis zu 30.000 € bestraft werden.3
- Schon beim Einkauf auf die medizinische Zweckbestimmung des Herstellers achten, also für welche Tätigkeiten er das Medizinprodukt zugelassen hat. Für andere Zwecke darf es nicht verwendet werden.4
- Alle mitgelieferten Unterlagen und Hinweise für alle Mitarbeiter zugänglich aufbewahren. Sie sind verpflichtet, diese bei einer Begehung vorzeigen zu können.5
2. Hygieneprodukte – nicht nur Preis, sondern auch Qualität zählt
Desinfektionsmittel, Handschuhe, Tücher und Co. unterliegen keinen eigenen Produktsicherheitsvorgaben wie der MDR – doch auch hier sind bestimmte Anforderungen zu beachten:
Beispiel: Desinfektionsmittel
- Haut- und Händedesinfektionsmittel, die vor 2016 auf den Markt gekommen sind, sind Arzneimittel – sie dürfen unter keinen Umständen umgefüllt werden. Alle anderen Desinfektionsmittel sind Biozide. Hier gelten die Arbeitgeberpflichten zum Personalschutz gemäß GefStoffV – insbesondere die Substitutionspflicht.6
- Ideal: Listung bei VAH oder RKI als Wirksamkeitsnachweis. Andernfalls müssen Sie selbst Gutachten zur Wirksamkeit der Mittel vorlegen können.
- Bewahren Sie wie bei Medizinprodukten Sicherheitsdatenblätter, Gebrauchsanweisungen etc. auf.
- Beachten Sie auch die Herstellerangaben zur Lagerung und Verfallsdaten.
3. Lieferantenwahl
Nicht jeder Online-Shop ist automatisch ein verlässlicher Partner. Besonders bei Medizinprodukten drohen Strafen, wenn keine ordnungsgemäße Herstellerkennzeichnung oder Gebrauchsanweisung vorliegt oder die CE-Kennzeichnung gefälscht ist.
Tipps:
- Ausschließlich bei Fachhändlern mit Sitz in der EU bestellen. Prüfen Sie ggf. das Impressum.
- Dokumentationspflichten beachten: Sicherheitsdatenblätter und Produktinformationen sollten als Download oder auf Anfrage verfügbar sein.
- Gibt es Kontaktmöglichkeiten für Gewährleistungs- und Haftungsansprüche?
4. Haftung und Dokumentation – die Betreiberverantwortung endet nicht beim Wareneingang
Werden nicht geeignete Produkte verwendet oder fehlt der Nachweis über sachgerechte Beschaffung und Verwendung, kann das im Schadensfall oder bei einer Begehung gravierende Folgen haben.
Deshalb gilt:
- Produktkennzeichnungen und beigefügte Informationen archivieren (über die gesamte Lebensdauer des Produkts).
- Eingesetzte Produkte in den Hygieneplänen und Arbeitsanweisungen korrekt benennen und relevante Herstellerangaben einpflegen.
- Alle aktiven Medizinprodukte (also solche mit externer Energiequelle) in ein Bestandsverzeichnis gemäß § 14 MPBetreibV eintragen.
- Erinnerung für Wartungen, Inspektionen, Nachkauf etc. setzen.
Fazit
Der Einkauf von Hygieneartikeln und Medizinprodukten ist mehr als eine Preisfrage – es ist ein zentraler Bestandteil der Qualitätssicherung in jeder Praxis oder Einrichtung. Wer sorgfältig auswählt, prüft und dokumentiert, schützt nicht nur seine Patienten, sondern auch sich selbst.