Die Klassifikation von Instrumenten für die Aufbereitung


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Die Medizinprodukteaufbereitung ist zentraler Bestandteil der Standardhygienemaßnahmen zur Vermeidung von Infektionen in der Praxis. Dabei muss jedoch planmäßig vorgegangen werden, denn auch durch fehlerhafte Aufbereitungsmaßnahmen können Risiken entstehen. Um eine ordnungsgemäße Aufbereitung sicherzustellen, ist gemäß §8 Medizinprodukte- Betreiberverordnung (MPBetreibV)¹ die KRINKO-BfArM-Empfehlung² zu berücksichtigen. Wird von dieser Empfehlung abgewichen, muss die Wirksamkeit der Verfahren durch den Betreiber belegt werden.

Zur Festlegung der Aufbereitungsverfahren sieht die KRINKO-BfArM-Empfehlung die Risikoeinstufung der Medizinprodukte vor. Ein hilfreiches Tool zur Einstufung ist das Flussdiagramm der Deutschen Gesellschaft für Sterilgutversorgung (DGSV)³. Dem folgend wird zunächst das Anwendungsrisiko der Medizinprodukte festgelegt:

  • Unkritisch: Kontakt nur mit gesunder Haut
  • Semikritisch: Kontakt mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut
  • Kritisch: Durchdringung der Haut, Kontakt mit Blut, inneren Geweben oder Wunden

Klassische Instrumente der Risikogruppe unkritisch sind z.B. Stimmgabeln, vorausgesetzt sie werden tatsächlich nur auf gesunder Haut eingesetzt. Diese Instrumente können mit einem Tuch wischdesinfiziert und anschließend unverpackt und ohne Lagerfristen aufbewahrt werden.

Semikritische Produkte werden auf krankhaft veränderter Haut nichtinvasiv eingesetzt, wobei hierzu auch nichtinfektiöse Erkrankungen wie z.B. Schuppenflechte zählen. Diese Instrumente müssen zur Aufbereitung gereinigt, viruzid desinfiziert sowie auf Sauberkeit und Funktion überprüft werden. Für die Lagerung von max. 48 h eignen sich Staubschutzbeutel oder desinfizierte geschlossene Behältnisse oder Schubladen.

Kritische Instrumente sind Instrumente, die die Haut durchdringen können. Sie müssen zusätzlich verpackt sterilisiert werden und können anschließend in geschlossenen Schränken für max. 6 Monate gelagert werden. Werden Instrumente sowohl semikritisch als auch kritisch eingesetzt, ist stets das höhere Risiko zu veranschlagen. Bereits 2009 empfahl der Länder-Arbeitskreis zur Erstellung von Hygieneplänen⁴ bei sogenanntem „erhöhtem Anwendungsrisiko“ podologische Instrumente grundsätzlich als kritisch eingestuft zu sterilisieren.

Zum erhöhten Anwendungsrisiko zählen:

  • Diabetische Füße
  • Eingewachsene Nägel
  • Tiefe Hühneraugen oder Warzen
  • Lokale Infektionen
  • Chronische Wunden

Dieser Empfehlung folgten seitdem sowohl Hersteller und Berufsverbände als auch Behörden, wodurch niedrigere Einstufungen bei Begehungen oft hinterfragt werden. Schließlich sind i.d.R. alle Podologen mit diesen Beschwerden konfrontiert. Um Lagerfristen von mehr als 48 h zu ermöglichen und auch mobil sicher arbeiten zu können, empfiehlt es sich außerdem aus praktischen Gründen alle podologischen Instrumente verpackt zu sterilisieren.

Eine weitere Unterteilung bei der Risikoeinstufung betrifft die Anforderungen an die Aufbereitung, wodurch die Unterkategorien A und B für die Risikogruppen semikritisch und kritisch definiert werden. Zur Kategorie B zählen u.a. Produkte mit Flächen, deren Reinigung nicht optisch überprüft werden kann. Beispiele in der Podologie wären Hohlmeißelklingenhalter und hohle Diamantschleifer. Diese Einstufung ist jedoch individuell, da sowohl das Sehvermögen als auch die technische Ausstattung (Lupenleuchte) darüber entscheiden können, ob schmale Spalte wie beim Hohlmeißelklingenhalter eingesehen werden können.

Folgen einer Einstufung als B wären bei semikritischen Produkten die Notwendigkeit einer Vorreinigung unabhängig vom Verschmutzungsgrad und bei kritischen Produkten zusätzlich die maschinelle Reinigung und Desinfektion, d.h. in einem Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG) und nicht mehr im Ultraschallbad.

Risikoeinstufungen werden gerne von Aufsichtsbehörden im Vorfeld einer Begehung angefordert und sollten daher nachvollziehbar und mit Bedacht erstellt werden. Wenn Sie Ihre Produkte grundsätzlich als kritisch einstufen und entsprechend sterilisieren, sind Sie jedoch regulatorisch und hygienisch auf der sicheren Seite.

 

Quellen

  1. https://www.gesetze-im-internet.de/mpbetreibv/__8.html
  2. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Medprod_Rili_2012.html
  3. https://www.dgsv-ev.de/wp-content/uploads/2016/09/AKQ_ZT_1_2013-3.pdf
  4. https://www.uminfo.de/rahmenhygieneplaene/lak-sonstige-einrichtungen/rhp-lak-med-fusspflege-podologie.pdf

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Grafik: Deutsche Gesellschaft für Sterilgutversorgung e.V. (dgsv-ev.de)

 

Unser Autor

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Sascha Ruß
Hygieneingenieur, B.Sc.
physikalisch-technischer Laborleiter,
Dozent für Hygiene und Mikrobiologie, Schlüchtern
www.hyg-blog.de