Achillessehnenruptur


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Bei einer Achillessehnenruptur (Achillessehnenriss) handelt es sich um eine gedeckte Durchtrennung der Sehne meistens im mittleren Drittel. Unterschieden wird die häufiger auftretende totale Ruptur von einer seltener vorliegenden partiellen Ruptur.

 

Historische und anatomische Grundlagen der Achillessehne

Die Namensgebung „Achilles“ geht auf die griechische Mythologie zurück. Der griechische Halbgott Achilles, ein großer Held im trojanischen Krieg, der an der Achillessehne verwundbar war, erlitt den Tod durch einen Pfeil des Bogenschützen Prinz Paris aufgrund von Intuition des Gottes Apollon infolge Zwistigkeiten.

Die Achillessehne (Tendo calcaneus) ist die stärkste Sehne beim Menschen. Ihre Länge beträgt etwa 10 bis 12 Zentimeter, die proximale Breite etwa 5 bis 8 Zentimeter und die Dicke etwa 0,5 Zentimeter. Als gemeinsame Sehne des dreiköpfigen Wadenmuskels (Triceps surae) setzt sie verdünnt am Fersenbeinhöcker (Tuber calcanei) an. Die kräftige Sehne wird von einer Sehnenscheide umhüllt, die ein problemloses Gleiten über den Knochen bei Belastung garantiert.

Die Einteilung einer Achillessehnenruptur erfolgt nach der jeweiligen Lokalisation:

  • Proximaler Riss mit Durchtrennung der Sehne im dreiköpfigen Muskelsehnenübergang (Triceps surae)
  • Ruptur im mittleren Drittel der Sehne (häufigste Form)
  • Distaler Riss an der Hinterkante des Fersenbeins (Calcaneus) mit einem kleinen ossären (knöchernen) Ausriss - sogenannte Entenschnabelfraktur

 

Ursachen einer Achillessehnenruptur

Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Auslöser eines Achillessehnenriss sind indirekte oder direkte plötzliche Zugeinwirkungen besonders beim Sport oder einer vorgeschädigten Sehne. Im mittleren Drittel der Sehne befindet sich eine minder durchblutete Region, die sogenannte Achillessehnentaille, die eine markante Schwachstelle ist.

Am häufigsten kommt es durch abrupten Richtungswechsel, schnellen Start oder Stopp zu einem Riss der Achillessehne beim Sport und hierbei zu 90 Prozent bei Ballspielarten wie Fußball, Handball, Basketball, Volleyball, Tennis, Badminton, Squash und Leichtathletik (Abb.1). Des Weiteren kann die Sehne nach ungenügender Aufwärmung, Stretching oder nach plötzlich zu intensivem Training nach einer Sportpause reißen.

Bei bereits vorgeschädigter Sehne nach dem 60. Lebensjahr kommen zusätzliche Risikofaktoren infrage - zum Beispiel die Einnahme von Kortison (bei Asthma oder rheumatoider Arthritis) oder von Immunsuppressiva (nach Organtransplantation), eine physiologische Degeneration der Sehne, wiederholte Überlastungen, Diabetes mellitus, entzündliche Veränderungen der Sehne und langzeitige Immobilisation.

Selten tritt eine Ruptur durch eine offene Verletzung durch Kufe des gegenseitigen Schlittschuhs, durch Tritt eines Pferds oder einer Kuh auf.

 

Klinische Symptome

Durch plötzliche Anspannung der Wadenmuskulatur und Achillessehne wie zum Beispiel beim Sport, Fehltritt von einer Leiter, Gerüst, Treppe oder oftmals Bordsteinkante kommt es abrupt zu einem peitschenartigen Schmerz mit hörbarem Knall und heftiger Ausstrahlung in die Wadenregion. Infolge einer Kraft- und Funktionsstörung ist ein Einbeinstand nicht möglich. Als weitere Folge bestehen in Höhe der Ruptur eine sicht- und tastbare Delle und gegebenenfalls ein Hämatom (Bluterguss).

 

Diagnostik

Wichtig ist eine explizite Anamneseerhebung, bei der Betroffene bereits den lauten Knall und einen peitschenartigen Schmerz in der Achillessehne exakt schildern. Bei Inspektion und Palpation fällt die beschriebene Delle auf Höhe der Ruptur auf. Ein Einbeinstand oder Belastung des Fußes sind nicht möglich. Zur weiteren klinischen Diagnostik ist der Thompson-Test geeignet. Dabei liegt der Betroffene in Bauchlage mit überhängenden Füßen auf einer Untersuchungsliege. Durch Kompression der Wadenmuskulatur vom Arzt tritt in der Regel eine Plantarflexion (Beugung in Richtung Fußsohle) des Fußes auf. Liegt eine Ruptur vor, bleibt eine Plantarflexion aus (Abb. 2: Aquarell Heinrich Bemben aus Neuss). Bildgebende Diagnostikverfahren betreffen Röntgen zum Ausschluss einer sogenannten Entenschnabelfraktur. Als diagnostische Methode der Wahl kommt die Sonografie, u. a. zur Abklärung der Adaptation (Anpassung der Sehnenenden) mithilfe einer dynamischen Untersuchung durch passive Plantarflexion (Beugung des Fußes), zum Einsatz. Weiterhin ist eine Magnetresonanztomografie vor allem präoperativ indiziert.

 

Therapie

Nach dem Trauma sollte zeitnah das sogenante PECH-Schema angewendet werden:

  • P= Pause
  • E= Eis
  • C= Compression
  • H= Hochlagerung

Unverzüglich sollte außerdem eine Konsultation beim Arzt erfolgen.

Eine konservative Therapie kommt bei Betroffenen mit erhöhten Risikofaktoren wie zum Beispiel sehr hohes Alter, pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit), bekannte Wundheilungsstörungen bei Diabetes mellitus oder Nikotinabusus infrage. Vorausgesetzt wird allerdings eine End- zu Endadaptation der Sehnenenden in Plantarflexion (Beugung des Fußes) in Spitzfußstellung unter Sonografie. Die Versorgung erfolgt für 6 bis 8 Wochen in einer Unterschenkelgehorthese mit integrierten Fersenkeilen in Spitzfußstellung bei anfangs 30 Grad und einer Teilbelastung von 20 kg (Abb. 3). Zwischenzeitlich erfolgen mehrmals sonografische Kontrollen. Nach der 7. Woche werden die Fersenkeile bis zur Neutral-0-Stellung reduziert (physiologische Stellung des Fußes) und es besteht Vollbelastung. Krankengymnastische Übungen fördern die Stabilisierung der Funktion des Fußes, Durchblutung und den Muskelaufbau. Leichte sportliche Aktivitäten sind nach konservativer Therapie etwa nach 4 Monaten und Leistungssport etwa nach 6 Monaten in der Regel möglich. Zur sportlichen Betätigung bietet sich eine Malleotrainbandage mit integriertem Fersenkissen zur Entlastung der Achillessehne (Abb. 4) an.

Eine operative Therapie sollte möglichst zeitnah nach dem Trauma mit einer Primärnaht erfolgen. Handelt es sich um eine Entenschnabelfraktur kommt eine Osteosynthese (Zusammenfügung der frakturierten Knochenteile mithilfe einer kleinen Schraube oder Zuggurtung - Draht-Cerclage) infrage.

Indikationen für eine operative Intervention sind:

  • Fehlende Adaptation (Annäherung von getrenntem Gewebe) der Sehnenenden in 30 Grad Plantarflexion (Beugung des Fußes) und Spitzfußstellung unter Sonografie
  • Leistungssportler
  • Reruptur (wiederholter Riss)
  • Alte Ruptur nach nicht erfolgreicher konservativer Therapie.

Postoperativ ist für etwa 6 Wochen das Tragen einer Unterschenkelgehorthese mit reduzierbaren Fersenkeilen notwendig. Anschließend erfolgt eine intensive Bewegungstherapie zur Erlangung der völligen Wiederherstellung der Funktion der Achillessehne. Des Weiteren kann postoperativ mit ebenerdigem dosiertem Lauftraining nach 10 bis 12 Wochen begonnen werden. Leistungssport und Wettkämpfe sollten frühestens nach 6 Monaten stattfinden. Zur Narbenbehandlung und Pflege der Haut bieten sich lipidreiche (z.B. GEHWOL med Lipidro Creme) sowie kräftigende Pflegeprodukte (z.B. GEHWOL FUSSKRAFT Beinvital) an.

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Abb. 1: Zustand nach operativ versorgter Achillessehnenruptur nach Pressschlag bei einem 48 Jahre alten Fußballer mit reizloser Narbe

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Abb.2: Klinischer Thompsontest (Aquarell Heinrich Bemben aus Neuss): a) Bei Kompression der Wadenmuskulatur kommt es bei einer gesunden Achillessehne zur Plantarflexion (Beugung des Fußes). b) ausbleiben der Plantarflexion bei Achillesehnenruptur

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Abb.3: Unterschenkelorthese mit reduzierbaren Fersenkeilen zur konservativen und postoperativen Therapie nach Achillessehnenruptur

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Abb.4: Malleotrainbandage mit Fersenkissen zur temporären Nachbehandlung für sportliche Betätigung

Unsere Autorin

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Dr. med. Renate Wolansky
Fachärztin für Orthopädie, Sportmedizin, Naumburg